I am Article Layout

Sie lesen gerade: Barometer: Günstig, aber nicht günstig genug

Wählen Sie Ihr Anlegerprofil:

Dieser Inhalt ist nur für Anleger mit folgendem Profil bestimmt: Finanzintermediär und Institutionelle Investoren und Consultants und Privatanleger

Finanzmarktbarometer, Investmentausblick Juli

Juli 2022
Marketingdokument

Barometer: Günstig, aber nicht günstig genug

Auch wenn der anhaltende Ausverkauf an den Aktienmärkten die Bewertungen auf ein Niveau treibt, bei dem man die Fundamentaldaten ausser Acht lassen könnte, gibt es gute Gründe, Aktien und hochverzinsliche Anleihen weiterhin unterzugewichten.

01

Asset-Allocation: (Noch) keine Rezessionspanik

Das Risiko einer Rezession steigt, da die Zentralbanken die geldpolitischen Bedingungen in weiten Teilen der Welt verschärfen. Das und die Tatsache, dass die Bewertungen trotz des massiven Ausverkaufs in diesem Jahr noch nicht günstig genug sind, hat uns dazu bewogen, unsere Untergewichtung in Aktien beizubehalten.

Mit Ausnahme von Rohstoffen erlitten alle Anlageklassen seit Jahresbeginn erhebliche Verluste, weitgehend in derselben Grössenordnung von rund 10–15%. Das macht es für Investoren ausserordentlich schwierig, überhaupt noch Land zu sehen. Ein Portfolio, das sich zu gleichen Teilen aus US-Aktien und -Anleihen zusammensetzt, hat in den ersten sechs Monaten des Jahres mehr verloren als zu jedem anderen Zeitpunkt seit der Weltwirtschaftskrise.

Die wirtschaftlichen Bedingungen sind jedoch vorerst robust, daher bleiben wir bei Anleihen insgesamt neutral gewichtet. Unsere Frühindikatoren deuten darauf hin, dass die Zentralbanken bei ihren Bemühungen, die Inflation in den Griff zu bekommen, die grossen Volkswirtschaften in diesem Jahr nicht in eine Rezession abgleiten lassen. 


Abb. 1 – Monatsübersicht der Asset-Allocation
Juli 2022
Barometer-July-2022-grid_EN
Quelle: Pictet Asset Management

Die grosse Frage, die sich für die Märkte stellt, ist, ob die Zentralbanken die Zinsanhebungen bremsen, bevor sie die Inflation vollständig unter Kontrolle haben. Bisher scheinen sie voll auf ihren geldpolitischen Kurs fixiert zu sein. Da es aber Anzeichen gibt, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, fällt ein wenig Druck von ihnen ab, immer extremere Schritte unternehmen zu müssen. Dadurch geht auch das Risiko eines geldpolitischen Fehlers zurück.

Unsere Konjunkturzyklusindikatoren zeigen, dass die globale Wirtschaft 2022 um mässige 2,9% steigen wird. Angesichts dieser allgemeinen Prognose haben wir unsere Erwartungen für die Eurozone und Australien gesenkt und gleichzeitig unsere Erwartungen für die Schwellenländer dank der Stärke sowohl in Indien als auch in Russland angehoben. Die Erholung in den asiatischen Schwellenländern erscheint besonders ermutigend, was zum Teil auf den Aufschwung in China zurückzuführen ist.

Trotz der deutlichen Abkühlung der US-Wirtschaft sind wir der Meinung, dass das Risiko einer ausgewachsenen Rezession für dieses Jahr überschätzt wird. Für 2023 ist die Wahrscheinlichkeit jedoch hoch. Die Ersparnisse der privaten Haushalte belaufen sich auf 2,3 Bio. US-Dollar, rund 12 Prozent des Einkommens, und zusammen mit einem soliden Arbeitsmarkt und der Erholung nach Covid-19 dürfte das ausreichen, um den Druck auf die Konsumenten durch steigende Preise und Zinssätze auszugleichen. Sorge bereitet jedoch die Schwäche des Wohnimmobiliensektors: Die Bautätigkeit ist um etwa 30 Prozent zurückgegangen, und Umfragen deuten darauf hin, dass sich der Rückgang fortsetzt.

Unsere Liquiditätsindikatoren zeigen einen anhaltenden Druck auf die geldpolitischen Bedingungen ausserhalb Asiens. Die Finanzmärkte preisen rund 200 Basispunkte an kumulativen Zinserhöhungen der grossen Zentralbanken in den kommenden 12 Monaten ein. Darüber hinaus dürften einige Zentralbanken – allen voran die Bank of England – eine quantitative Straffung einleiten. So könnten sie nicht nur bestehende Anleihen bis zur Fälligkeit in ihren Portfolios belassen, sondern auch aktiv Bestände verkaufen. Unseren Berechnungen zufolge entziehen die Zentralbanken dem System pro Quartal fast 1,5 Bio. US-Dollar an Liquidität. 

Diese Straffung wird teilweise durch die chinesische Notenbank kompensiert, die nun an allen Fronten einen Lockerungskurs fährt, während die Bank of Japan an ihrer Strategie zur Steuerung der Zinskurve festhält und dadurch gezwungen ist, ihre Anleihekäufe zu intensivieren.

Abb. 2 – Preisdruck
US-Inflationsrate und KGV S&P 500, Veränderung gegenüber dem Vorjahr, %
AA - Inflation and PE
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 15.01.1955–15.06.2022.

Nach den starken Verlusten bei Anleihen und Aktien stehen die Zeichen bei den Bewertungen langsam wieder auf Grün. Sie sind aber noch nicht so günstig, als dass die Investoren die Fundamentaldaten ausser Acht lassen könnten. Bei den Staatsanleihen erscheinen britische Gilts besonders attraktiv. Höhere Spreads und starke Drawdowns machen US-Hochzins- und europäische Investment-Grade-Anleihen attraktiv. Hingegen erscheinen inflationsgebundene Anleihen teuer – Anleger zahlen eine hohe Prämie für den Inflationsschutz.

Unsere markttechnischen Indikatoren zeigen, dass die Trendsignale bei Aktien und erst recht bei Anleihen negativ tendieren. Saisonale Trends dürften sich jedoch in den kommenden zwei Monaten positiv auf Anleihen auswirken. Die Stimmungsindikatoren stehen zwar nicht mehr auf Panik, bleiben aber gedrückt – die Risikobereitschaft scheint erst einmal abgenommen zu haben und die Investoren haben ihre Cash- und defensiven Positionen reduziert. Gleichzeitig war die Positionierung in S&P 500 Futures zum ersten Mal seit 2016 netto short. 

02

Aktienregionen und -sektoren: Günstig, aber nicht günstig genug

Da der S&P 500 Index in einen technischen Bärenmarkt abrutscht, nähern sich Aktien ihrem Fair Value. Sie sind aber noch nicht günstig genug, als dass die Investoren die Fundamentaldaten und die anhaltenden Bedrohungen, denen Unternehmen gegenüberstehen, ausser Acht lassen könnten. Die Risiken sind weiterhin nach unten gerichtet, insbesondere beim Gewinnwachstum in den USA. Wenn die Inflation jedoch schneller als erwartet zurückgeht, würde dies eine Erholung der KGVs von US-Aktien auslösen.

US-Aktien haben stark abgewertet. Die KGVs von globalen Aktien für die nächsten 12 Monate sind seit September 2020 um mehr als 30% gesunken und die KGVs von US-Aktien liegen rund 30% unter dem langfristigen Trend – der stärkste Rückgang seit 1974. Unter der Annahme, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat, deuten unsere Modelle darauf hin, dass die KGVs in den kommenden 12 Monaten um etwa 5–10% zulegen werden. Insgesamt bleiben wir unter Berücksichtigung der KGV- und Gewinnaussichten in US-Aktien untergewichtet. 

Ausserdem stufen wir Aktien der Eurozone auf untergewichtet herab. Die Region ist am stärksten von einer Rezession bedroht, da die Energieknappheit, die durch die Sanktionen gegen Russland ausgelöst wurde, sich auf die breitere Wirtschaft auswirkt. Gleichzeitig ist die Europäische Zentralbank ein Nachzügler in Sachen geldpolitischer Straffung und könnte gezwungen sein nachzuziehen, wenn der Inflationsdruck nicht nachlässt. Die Bewertungen europäischer Aktien sind zwar attraktiv, haben aber noch keine Niveaus erreicht, die die Investoren für die eingegangenen Risiken angemessen entschädigen. 


Abb. 3 – Chinesische Aktien treten aus dem Schatten der Pandemie
Überschussliquidität China (im Jahresvergleich, nächste 6 Monate) vs. KGV MSCI China
 
Aktien – China
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Überschussliquidität berechnet als Wachstum der weit abgegrenzten Geldmenge minus Wert der inländischen Industrieproduktion. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 15.12.2004–15.05.2022.

Wir heben chinesische Aktien als Reaktion auf die starke Erholung der Wirtschaft auf übergewichtet an, nachdem die pandemiebedingten Einschränkungen, die einen Wirtschaftsabschwung im zweiten Quartal in Gang gesetzt hatten, gelockert wurden. Die geldpolitischen Bedingungen sind günstig und die Bewertungen bleiben trotz der Rally am Markt attraktiv. Darüber hinaus scheint die Unsicherheit in Bezug auf die Regulierung des Technologiesektors nachzulassen. Wir heben auch die Gewichtung japanischer Aktien an. Gründe hierfür sind die im Vergleich zu anderen Ländern bessere Konjunkturdynamik, geringere Inflationsrisiken und eine optimistischere Verbraucherstimmung. Die Geldpolitik unterstützt weiterhin den Markt. Der Yen ist nach seinen starken Verlusten in diesem Jahr extrem günstig, was japanische Aktien für ausländische Käufer umso attraktiver macht.

Aus Sektorenperspektive bevorzugen wir weiterhin Gesundheitswerte mit ihrem defensiven Charakter und haben die Gewichtung von Versorgern aus ähnlichen Gründen angehoben. Gleichzeitig halten wir an unserer positiven Haltung gegenüber Grundstoffen fest, da diese Aktien von einer Verbesserung der Wirtschaftsaussichten Chinas profitieren könnten. 

03

Anleihen und Währungen: Vorsicht bei Europa

Dank der jüngsten Schwäche erscheinen die Anleihebewertungen zunehmend attraktiver. Auch wenn weiterhin Risiken bestehen, gibt es nach unserem Dafürhalten Bereiche am Anleihemarkt, in denen das Risiko-Rendite-Verhältnis attraktiv erscheint.

Einer davon sind US-Staatsanleihen. Unsere Liquiditätsmodelle deuten darauf hin, dass die US-Notenbank Fed ihren Straffungszyklus schon zu 60–65 Prozent absolviert hat. Die Kerninflation scheint ihren Höhepunkt erreicht zu haben, unterstützt durch den stärkeren US-Dollar, und die Zinserwartungen des Marktes – der eine Leitzins-Obergrenze von etwa 3,5% einpreist, während wir von 3% ausgehen – erscheinen überzogen. Unser Fair Value für die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe liegt bei 2,8%, Ende Juni belief er sich auf 3%. Wir bleiben daher in US-Staatsanleihen übergewichtet. 

Die Aussichten für europäische Staatsanleihen sind vergleichsweise düster. Die EZB läuft Gefahr, bei ihrem Kampf gegen die Inflation hinter der Kurve zu bleiben. In der Eurozone treten die Inflationsindikatoren deutlicher zutage als anderswo (vgl. Abb. 4). Die Zweitrundeneffekte höherer Preise schlagen sich nun in den Löhnen und Lohnforderungen nieder. Der Krieg in der Ukraine und die Unsicherheit über die Energieversorgung der Region stellen weitere Risiken dar. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte haben wir beschlossen, unsere Gewichtung in Staatsanleihen der Eurozone auf untergewichtet zu reduzieren.

Abb. 4 – Achtung Inflation
Inflation Surprise Index – USA vs. Europa
FI - Inflation surprise
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 31.01.2000–31.05.2022.

Auch bei Unternehmensanleihen aus den Industrieländern bleiben wir pessimistisch. Die Möglichkeit einer weiteren geldpolitischen Straffung und Abwärtskorrekturen der Gewinnprognosen der Unternehmen verheissen nichts Gutes. Die Spreads sind allerdings nicht ungewöhnlich hoch und könnten mit zunehmenden Rezessionsrisiken weiter steigen. Uns ist jedoch nicht entgangen, dass die Bewertungen nach dem grössten Ausverkauf seit Jahrzehnten wieder attraktiver werden. 

Bei den Währungen sind wir weiterhin davon überzeugt, dass sich der US-Dollar einem Bewertungshöhepunkt nähert. Die entscheidende Voraussetzung für eine Dollar-Wende – eine Entspannung des Inflationsdrucks in den USA – ist jedoch noch nicht vollständig erfüllt.

Wir bleiben bei unserer Präferenz für defensive Anlagen wie Gold und dem Schweizer Franken, der nach einer überraschenden Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte weiter aufgewertet hat.

Wir sind auch im Yen übergewichtet, der in unserem Bewertungsmodell als extrem günstig eingestuft wird. Die Währung dürfte auch von Japans erfreulichen Wirtschaftsaussichten profitieren. Das Investitionsgeschehen und der Tourismus sind stark, die Konsumenten sind optimistischer als in anderen Ländern und die Inflation steigt, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau.

Da im Vereinigten Königreich eine Rezession inzwischen weitgehend eingepreist ist – nach einer Abwertung des Pfund Sterling um 11% im bisherigen Jahresverlauf – schliessen wir unsere Untergewichtung in der Währung.

04

Globale Märkte insgesamt: Weitere Verluste

Der Juni war wieder ein schwieriger Monat für die globalen Märkte.

Jeder grosse Aktienmarkt und jeder Sektor beendeten den Monat im roten Bereich. Insgesamt büssten globale Aktien rund 6% in Lokalwährung ein. Durch den jüngsten Rückgang wurden die Gewinne von 2021 im ersten Halbjahr zunichte gemacht.

US-Aktien gehörten zu den Nachzüglern – der S&P 500 Index verzeichnete sein schlechtestes erstes Halbjahr seit 1970. Die Index-Futures-Positionierung ist zum ersten Mal seit 2016 netto short.

Die Anhebung der Leitzinsen um 75 Basispunkte durch die Fed im Juni – die grösste seit fast drei Jahrzehnten – war für Investoren der beste Beweis, dass der aktuelle Fokus der Währungshüter sehr stark auf der Bekämpfung der Inflation liegt, auch wenn dafür ein schwächeres Wirtschaftswachstum in Kauf genommen werden muss.

Auch europäische Aktien entwickelten sich aufgrund der engen geografischen und wirtschaftlichen Verbindungen der Region zu Russland und der Ukraine schlecht.

Abb. 5 – Renditen: Höchststand erreicht?
Rendite 10-jährige US-Staatsanleihe
Markets - UST
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 29.06.2020–29.06.2022.

Die Verluste waren an den Aktienmärkten in den asiatischen Schwellenländern und Japan dank vergleichsweise stärkerer Wirtschaftsaussichten, einer niedrigeren Inflation und dem Ende des Covid-Lockdowns in China nicht ganz so gravierend.

Aus Sektorenperspektive verloren Energie- und Grundstoffwerte rund 11% in Lokalwährung und beendeten damit den Outperformance-Trend. In den Rückgängen spiegelte sich die Besorgnis darüber wider, wie sich die Nachfrage in einer Phase schwachen Wirtschaftswachstums entwickeln wird.

In der Vergangenheit haben defensive Aktien aus den Bereichen Gesundheit und Basiskonsumgüter in solchen Zeiten am besten abgeschnitten, verzeichneten aber auch starke Verluste.

An den Anleihemärkten zeigte sich auch eine defensive Tendenz, wobei sich die riskanteren Anlageklassen unterdurchschnittlich entwickelten. Europäische und US-Hochzinsanleihen verloren beide rund 6%, was auf Sorgen über mögliche Ausfälle zurückzuführen ist. Schwellenländer-Staatsanleihen mussten ebenfalls Verluste hinnehmen.

Die Renditen der als Referenz dienenden 10-jährigen US-Staatsanleihen erreichten im Juni bei rund 3,5 % ihren höchsten Stand. Danach gingen sie wieder zurück und beendeten den Monat bei 3% (siehe Abb. 5 ). 

Mögliche Zinsanhebungen durch die Fed gaben dem US-Dollar Auftrieb – er legte um 3% gegenüber einem Währungskorb zu.

05

Kurzüberblick

Barometer Juli 2022

Asset-Allocation

Wir bleiben bei Aktien untergewichtet und in Anleihen neutral gewichtet.

Aktienregionen und -sektoren

Wir stufen Aktien der Eurozone von neutral auf untergewichtet herab, da wir uns Sorgen um die Wirtschaft machen. Wir heben chinesische und japanische Aktien von neutral auf übergewichtet an, da beide von der inländischen Geldpolitik unterstützt werden. Wir heben Versorger im Rahmen einer defensiven Neuausrichtung von untergewichtet auf neutral an.

Anleihen und Währungen

Wir stufen europäische Staatsanleihen aufgrund von Sorgen über eine steigende Inflation, eine Abkühlung des Wachstums und einen länger dauernden Krieg in der Ukraine auf negativ herab.