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Jahresausblick: Asset-Allocation

Dezember 2022
Marketingdokument

Die Investmentlandschaft 2023

Erreichen die Leitzinsen ihren Höchststand, dürfte dies das verhaltene Wachstum und die nach wie vor hohe Inflation im Jahr 2023 kompensieren – sehr zum Vorteil von Qualitätsanleihen und Schwellenländern.

01

Insgesamt: Vorsicht vor zu viel Optimismus

2023 wird ein Jahr sein, in dem sich das Investmentumfeld langsam wieder normalisiert. Die Inflation wird sinken – wenn auch nicht ganz so schnell wie vom Markt erwartet. Die Volkswirtschaften werden grosse Probleme haben, Wachstum zu erzielen, aber immerhin werden sie es sicherlich schaffen, einen heftigen Abschwung abzuwenden.

Aktien dürften auf der Stelle treten, während Qualitätsanleihen von den Fundamentaldaten profitieren werden. Auf Schwellenländeranlagen, vor allem Lokalwährungsanleihen, dürften vor dem Hintergrund der Abwertung des US-Dollars und der Erholung der chinesischen Wirtschaft rosige Zeiten zukommen.

Die globale Konjunkturabkühlung – eine Reihe von Indikatoren deutet darauf hin, dass sich einige führende Volkswirtschaften bereits in einer Rezession befinden könnten – ist eine der grössten Herausforderungen für die gesamte Menschheit. Um dem Anstieg der Inflation in diesem Jahr entgegen zu wirken, haben die Zentralbanken auf die Bremse getreten und das schlägt sich jetzt in den nationalen Volkswirtschaften nieder. Infolgedessen dürfte das globale annualisierte vierteljährliche reale BIP-Wachstum mindestens bis in die letzten drei Monate des Jahres 2023 hinein unter dem Potenzial liegen (siehe Abb. 1).

Abbildung 1 – Wenig berauschend
Globales reales BIP-Wachstum, Quartalsprognosen, in %
Überblick – Globales BIP
* Die blauen Balken entsprechen den annualisierten Prognosen für das reale BIP im Quartalsvergleich und die blaue durchbrochene Linie repräsentiert die Prognose für das reale BIP im Jahresvergleich. Quelle: CEIC, Refinitiv, Pictet Asset Management. Daten für Q1 2007–Q2 2022, Prognose für Q3 2022–Q4 2023.

Die Abkühlung dürfte jetzt doch nicht ganz so schmerzhaft sein wie bei früheren Rezessionen. Die finanzielle Lage von Unternehmen und Haushalten ist gut – während der Covid-Krise wurden massive Ersparnisse aufgebaut, insbesondere in den USA. Dadurch konnte ein Teil der Auswirkungen der Inflation abgefedert werden, gleichzeitig haben die Banken weiterhin Kredite vergeben. Das nominale Wachstum, das für die Resilienz der Volkswirtschaften von entscheidender Bedeutung ist, liegt bei rund 10%, hauptsächlich aufgrund der sehr hohen Inflation. Anders als während der globalen Finanzkrise von 2008 gibt es diesmal also in keinem dieser Wirtschaftssegmente Anzeichen für eine drohende Schuldenkrise. 

Eine inflationäre Hürde

Die Inflation wird eine Hürde bleiben, aber nicht der Haupttreiber für den Markt im kommenden Jahr sein (vgl. Abb. 2). Auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Inflation in den meisten grossen Volkswirtschaften bereits ihren Höhepunkt erreicht hat, sind wir der Meinung, dass die Investoren zu optimistisch sind, die mit einem schnellen Rückgang der Inflation rechnen. Der Arbeitsmarkt, vor allem in den USA, ist nach wie vor stark und stützt die Löhne. Und Bestandteile wie Mieten, die einen beträchtlichen Teil des Konsumkorbs ausmachen, reagieren nur langsam und brauchen länger, um sich zu normalisieren.
Abbildung 2 – Angeschlagen, aber nicht ausgeknockt
Globale monatliche VPI-Inflationsrate, Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %*
Inflation chart

* BIP-gewichteter Durchschnitt der Inflationsraten von 40 Ländern. Prognose dargestellt als hellblau gestrichelte Linie. Quelle: CEIC, Refinitiv, Pictet Asset Management. Daten für Januar 2000–September 2022; Prognose für Oktober 2022–Dezember 2023.

Wir gehen auch davon aus, dass die Zentralbanken vorsichtig sein werden, bevor sie in einen neuen Lockerungszyklus eintreten – sicherlich werden sie ihre Kehrtwende nicht so schnell vollziehen wie vom Markt erwartet. Das liegt zum Teil daran, dass sich die Währungshüter der Risiken bewusst sind, die mit einer Zinssenkung vor einer vollständigen Eindämmung der Inflation verbunden sind. Damit würden sie nämlich einen weiteren, noch weniger kontrollierbaren Anstieg der Inflation riskieren, der ihre Glaubwürdigkeit beschädigen und noch drastischere Massnahmen zur Wiederherstellung der Preisstabilität erfordern würde. Wir gehen nicht davon aus, dass die Geldpolitik vor 2024 gelockert wird.

Die Marschrichtung ist entscheidend

Das wichtigste Signal für die Märkte ist jedoch, dass die Leitzinsen nicht weiter steigen. Das Ende der geldpolitischen Straffung wird für Erleichterung sorgen und Qualitätsanleihen einen Schub geben. Das gilt für Staatsanleihen wie auch für Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Als erstes dürften Anleihen mit kürzerer Laufzeit profitieren – die Gewinne von Anleihen, die auf der Renditekurve weiter hinten liegen, dürften angesichts der erwarteten wirtschaftlichen Erholung bescheidener ausfallen. Investoren sollten bei höherverzinslichen Anleihen vorsichtig sein, da durch den wirtschaftlichen Abschwung die Ausfallraten nach oben gehen.

Sobald die Zinssätze ihren Höhepunkt erreicht haben, dürften Aktien von verbesserten Bewertungskennzahlen profitieren und damit die schwächeren Gewinne kompensieren. Damit ist allerdings eher in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.

Da die USA in ihrem Straffungszyklus weiter sind als andere grosse Zentralbanken, dürfte ein Erreichen des Höchststandes der US-Zinsen den US-Dollar unter Druck setzen. Der US-Dollar ist bereits stark überbewertet und seine langfristigen Fundamentaldaten sehen schlecht aus – der langfristige Wert einer Währung richtet sich nach der Haushaltsdisziplin und dem Produktivitätswachstum und die USA schneiden in beiden Fällen nicht gut ab.

Das entscheidende Signal für die meisten Märkte ist jedoch, dass die Leitzinsen nicht weiter steigen.

Ein nachlassender US-Dollar wird Schwellenländeranlagen zugute kommen, vor allem Schwellenländeranleihen in Lokalwährung, die für uns nicht nur im kommenden Jahr, sondern auch darüber hinaus ein Lichtblick in der Investmentlandschaft sind. Weitere Unterstützung dürften Schwellenländeranleihen und -aktien von der wirtschaftlichen Erholung in China erfahren. Nach unserer Einschätzung wird die Regierung auf die jüngsten Proteste gegen ihre drastische Null-Covid-Politik reagieren und Beschränkungen lockern müssen. Gleichzeitig wird der so wichtige, aber angeschlagene Immobiliensektor des Landes von öffentlicher Seite unterstützt. Insgesamt gehen wir davon aus, dass diese Effekte das Wachstum von rund 5% im kommenden Jahr stützen werden. Ein gesünderes Wachstum in China wird auch anderen asiatischen Schwellenländern zugute kommen. 

Insgesamt wird 2023 für Investoren ein Jahr der Vorsicht sein. Doch nach einem miserablen Jahr 2022, in dem praktisch alle Anlageklassen (mit der bemerkenswerten Ausnahme des Energiesektors) in Mitleidenschaft gezogen wurden, gibt es auch gute Gründe für vorsichtigen Optimismus.

02

Aktien: Streben nach Wachstum

Das kommende Jahr dürfte für globale Aktien wenig berauschend sein. Aber es wird immer noch besser sein als das katastrophale Jahr 2022.

Die gute Nachricht ist, dass die Unternehmensgewinne besser ausfallen dürften als in früheren Rezessionen. Die Unternehmen haben mehr Preismacht und die US-Verbraucher haben immer noch massive Ersparnisse von rund 1,8 Bio. US-Dollar. Wir gehen davon aus, dass die Gewinne des S&P 500 um 12% vom höchsten zum tiefsten Stand fallen werden – 2020 und 2001–2002 waren es rund 20% und 2007–2009 an die 40% (siehe Abb. 3). 

Abbildung 3 – Relative Resilienz
US S&P 500 Nachlaufendes EPS 12 Monate
Aktien – US-Gewinne
Quelle: Refinitiv Datastream, IBES, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.1998–30.09.2022, Prognosen bis 31.12.2024.

Trotz allem gehen wir davon aus, dass die Gewinne in weiten Teilen der Welt hinter den Konsenserwartungen der Analysten zurückbleiben werden. Unseren Prognosen zufolge wird der Gewinn je Aktie 2023 weitgehend unverändert bleiben , während der Konsens von rund 3,4% ausgeht.

Damit Aktien im nächsten Jahr positive Renditen erwirtschaften, müssen sich die Bewertungskennzahlen erst einmal verbessern. Hier gibt es vielversprechende Anzeichen.

Unsere Analyse zeigt, dass es in der Vergangenheit eine starke Korrelation zwischen Überschussliquidität (Geldmenge abzüglich Wirtschaftswachstum) und KGVs gab. Wenn die geldpolitische Straffung im Laufe des Jahres 2023 endet, wovon wir ausgehen, dürften die KGVs weltweit leicht um rund 5% wachsen. Bleibt ein Gewinnwachstum aus, wird der Anstieg von höheren Preisen herrühren, da die Investoren bereit sind, mehr für eine Gewinneinheit auszugeben. In Verbindung mit bescheidenen Dividenden dürfte dies für den MSCI All Country World Index eine Rendite von rund 5–10 Prozent bedeuten.

Die aggregierten Zahlen täuschen über eine erhebliche Divergenz zwischen Ländern und Sektoren hinweg; im Hauptaugenmerk der Investoren dürften Bereiche mit dem besten Wachstumspotenzial liegen.

China, Schwellenländer und USA ganz vorn

Chinesische Aktien dürften sich überdurchschnittlich entwickeln, da die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ihre Covid-Einschränkungen lockern wird. Das wird kein einfaches Unterfangen sein, aber wir gehen weiter davon aus, dass alle Zeichen auf Wiederöffnung stehen und die jüngste Protestwelle diese Entwicklung sogar beschleunigen könnte.

Angesichts der äusserst attraktiven Bewertungen sind die Investmentchancen hier umso spannender – China ist nach unserem Modell die zweitgünstigste Aktienregion.

Die Schwellenländer im weiteren Sinne werden durch die Abwertung des US-Dollars (der unseren Modellen zufolge rund 20–25 Prozent gegenüber den Schwellenländerwährungen überbewertet ist) und eine günstige Verschiebung der Wachstumsunterschiede einen Schub bekommen. Das Wachstum der Schwellenländer wird sich 2023 auf 2,3 Prozentpunkte gegenüber den Industrieländern beschleunigen; bislang haben sie sich weitgehend im Gleichschritt entwickelt.

Während die meisten Volkswirtschaften der Industrieländer stagnieren (bzw. im Falle des Vereinigten Königreichs sogar schrumpfen), dürfte das Wachstum in den Entwicklungsländern ein wenig an Fahrt aufnehmen. Das wiederum dürfte zu höheren Unternehmensgewinnen führen – insbesondere bei kleineren Unternehmen, die tendenziell stärker auf das eigene Land fokussiert sind.

Im Industrieländer-Universum haben die USA das Potenzial, sich überdurchschnittlich zu entwickeln, wenn – wovon wir ausgehen – die Zinserhöhungen der Fed ein Ende finden und die Wirtschaft des Landes robust bleibt. Die Bewertungen sind recht hoch, aber nicht mehr ganz so exorbitant hoch: Das geschätzte 12-Monats-KGV ist von einem Höchststand von 23,5 Ende 2020 zurückgegangen und jetzt nicht mehr weit von seinem 10-Jahres-Durchschnitt von 17,5 entfernt.

Im Gegensatz dazu sind wir vorsichtig, was die Aussichten für die Eurozone anbelangt. Hier sehen wir den stärksten Gewinnrückgang (über 6%), da die Gewinne der Unternehmen durch den wirtschaftlichen Abschwung und den stärkeren Euro-Wechselkurs in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Die USA haben das Potenzial, sich überdurchschnittlich zu entwickeln, wenn – wovon wir ausgehen – die Zinserhöhungen der Fed ein Ende finden und das Wachstum robust bleibt.

Die Aussichten für das Vereinigte Königreich werden durch einen erhöhten Inflationsdruck und einen schwächelnden Wohnungsmarkt eingetrübt. Der Wertentwicklung des FTSE 100 dürfte jedoch der hohe Anteil an Rohstoffproduzenten und defensiven Sektoraktien im Index zugute kommen.

Insgesamt bleiben wir vorsichtig gegenüber konjunkturempfindlichen Sektoren wie Industriewerten. Obwohl zyklische Werte hinter defensiven Werten zurückbleiben, sind wir der Meinung, dass der Abstand nicht so gross ist, dass sich darin die wahrscheinliche weitere Abschwächung der globalen Wirtschaft widerspiegelt.

Umgekehrt dürften Investoren in einer Phase der wirtschaftlichen Stagnation eher bereit sein, eine Prämie für Unternehmen zu zahlen, deren Wachstumsaussichten weiterhin robust sind – was dazu führt, dass sich der Growth-Stil besser entwickelt als der Value-Stil. Der Gesundheitssektor, der Wachstum mit defensiven Eigenschaften verbindet, dürfte sich daher besonders positiv hervortun.

03

Anleihen und Währungen: Wertpotenzial bei Schwellenländeranleihen und US-Staatsanleihen

Anleihen dürften in den nächsten 12 Monaten bessere risikobereinigte Renditen erzielen als Aktien.

Nach einem beispiellosen Ausverkauf 2022 rechnen wir weltweit mit positiven Anleiherenditen von durchschnittlich rund 3%. Stagnierendes Wachstum und eine attraktive Bewertung werden der Haupttreiber für die Outperformance sein.

Investoren müssen jedoch wählerisch sein, denn wir erwarten eine starke Performance-Divergenz.

Das vielleicht vielversprechendste Segment des Anleihemarktes sind Schwellenländeranleihen.

Ein Grund ist die Bewertung. Mehr als 80% Schwellenländeranleihen bieten Realrenditen, die höher sind als in den USA, wobei einige Märkte wie Lateinamerika Realrenditen von über 10% vorweisen können, die weit über ihrem 5-Jahres-Durchschnitt liegen (siehe Abb. 4).

Abbildung 4 – Reale Fakten
Realrenditen* von 10-jährigen Industrie- und Schwellenländeranleihen
FI - real yields
Quelle: Refinitiv, IWF, Pictet Asset Management, Daten vom 24.11.2022. * Realrenditen basieren auf der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen in Lokalwährung abzüglich der erwarteten langfristigen Inflationsrate (anhand der IWF-Prognosen für 2027).

Die Zentralbanken der Schwellenländer haben frühzeitig und entschlossen reagiert, um den Inflationsdruck einzudämmen, sodass sie die Inflation besser unter Kontrolle haben als die Industrieländer.

Sie sind in ihrem Straffungszyklus weiter als die US-Notenbank und andere grosse Zentralbanken, und die Kreditkosten dürften im kommenden Jahr nicht steigen.

Positiv für die Anlageklasse ist auch, dass die Aussichten auf eine Aufwertung der Schwellenländerwährungen gegenüber dem US-Dollar immer besser werden. Wir gehen davon aus, dass der Dollar strukturell nachgeben wird.

Schwellenländerwährungen dürften zu den grössten Nutzniessern dieses Rückgangs gehören, da die Wachstumsprämie der Entwicklungsländer gegenüber den Industrieändern zunimmt.

Wir gehen davon aus, dass sich das Wachstum in den Schwellenländern im nächsten Jahr von 2,6% in diesem Jahr auf 2,9% erhöhen wird – und das in einer Zeit, in der sich das Wachstum in den meisten Industrieländern verlangsamen oder sogar schrumpfen wird.

Dadurch wird sich der Bewertungsabstand zwischen Schwellenländerwährungen und dem US-Dollar um bis zu 20% verringern. Das stellt eine zusätzliche Renditequelle für Investoren in Schwellenländer-Staatsanleihen dar, die auf lokale Währungen lauten.

Wir sind auch von US-Staatsanleihen angetan. Die Fed ist im Straffungszyklus weiter als andere Industrieländer-Zentralbanken und ihre Zinsanhebungskampagne ist so gut wie abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank im ersten Quartal 2023 mit einer Terminal Rate (langfristiger neutraler Zinssatz) von 4,75% erst einmal pausieren wird.

Nach unserer Einschätzung werden die 10-jährigen US-Renditen bis Ende 2023 auf 3,5% fallen. Was ebenfalls für US-Staatsanleihen spricht, ist die attraktive Bewertung. Auf dem derzeitigen Niveau bieten die Renditen von US-Staatsanleihen Investoren einen kostengünstigen Schutz vor einer weiteren Schwäche der globalen Wirtschaft.

Im Vergleich zu Aktien werden Investoren mehr Wert bei Staatsanleihen in den USA finden, wo der Renditeabstand zwischen den beiden Anlageklassen so gering ist wie in keiner anderen grossen Volkswirtschaft.1

Investoren sollten warten, bis es deutlichere Hinweise auf eine Konjunkturwende gibt, bevor sie in das riskantere Segment der Industrieländer-Unternehmensanleihen investieren.

Bei Anleihen der Eurozone dagegen sind wir vorsichtig. Es ist unwahrscheinlich, dass die Anleiherenditen in der Region fallen werden, vor allem nicht am langen Ende, da die Europäische Zentralbank nachziehen wird, um dem steigenden Preisdruck entgegen zu wirken.

Die EZB wird die Fed in Sachen Straffung überholen, da sie ihr LTRO-Programm (langfristige Refinanzierungsgeschäfte, um dem Banksektor günstig Liquidität zuzuführen) auslaufen lässt. Wir gehen davon aus, dass die EZB ihre Zinserhöhungen im zweiten Quartal des nächsten Jahres bei rund 2,75–3% beenden wird. Unseren Prognosen zufolge dürften die Renditen deutscher Bundesanleihen zum Jahresende kaum von den aktuell rund 2% abweichen.

Auch bei Unternehmensanleihen ist Vorsicht geboten. Investoren sollten warten, bis es deutlichere Hinweise auf eine Konjunkturwende gibt, bevor sie in Industrieländer-Unternehmensanleihen investieren – das gilt vor allem für die riskanteren Segmente des Marktes. In einer Zeit, in der das Wachstum stagnieren oder schrumpfen dürfte, ist davon auszugehen, dass die Unternehmensgewinne und -margen sinken werden, was deren Schuldendienstfähigkeit beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund bieten hochwertige US-Unternehmensanleihen relativen Wert.

Die Ausfallraten bei Hochzins-Emittenten dürften mit steigenden Finanzierungskosten in die Höhe gehen.

Bei den Währungen gehen wir davon aus, dass der US-Dollar gegenüber einem Währungskorb um 5% auf rund 100 fallen wird, gemessen am US-Dollar-Index.

Mangelnde Haushaltsdisziplin in den USA und ein schwaches Produktivitätswachstum – das sich derzeit auf einem Allzeittief von -2% bewegt – dürften den Beginn einer langfristigen Schwächung des US-Dollars einläuten. Die Verkleinerung des Zins- und Wachstumsabstands zum Rest der Welt dürfte der Zündfunke für diese Entwicklung sein.

Neben den Schwellenländerwährungen dürfte der japanische Yen gegenüber dem US-Dollar am besten abschneiden. Der Yen hat seinen niedrigsten Stand seit 37 Jahren erreicht und unser Modell zeigt, dass die Währung gegenüber dem US-Dollar um bis zu 40 Prozent unterbewertet ist.

Kommen wir nun zu Gold: Das Edelmetall stellt für Investoren die die attraktivste Alternative dar, gestützt durch den schwächelnden US-Dollar und die starke Nachfrage aus China und Indien.

04

Aktualisierte Investmentpositionierung

Unser Jahresausblick folgt auf unsere monatliche Überprüfung der taktischen Asset-Allocation, bei der wir einige Änderungen vorgenommen haben, wie unten ausgeführt.

Da sich die Inflationsdynamik zunehmend zum Positiven wendet, verbessern sich die Aussichten für Anleihen – Fixed-Income-Investoren können langsam aus ihrem Schneckenhaus herauskommen. Die USA liegen im Straffungszyklus vorne, was dazu führt, dass wir US-Staatsanleihen auf unsere maximale Übergewichtung und US-Investment-Grade-Anleihen von neutral auf eine einfache Übergewichtung hochstufen. Im letzteren Fall bietet das weniger riskante Ende des Kreditmarktes attraktiven Wert und die Renditen sind im Verhältnis zu den Ausfallrisiken hoch. Unserer Ansicht nach sind die Unternehmen nicht überschuldet und ein etwaiger Gewinnrückgang dürfte sich in Grenzen halten. Daher ist es durchaus möglich, dass die Spreads im Vergleich zu früheren Konjunkturzyklen nicht ausufern. 

Da der Höhepunkt des globalen Straffungszyklus näher rückt, dürften Schwellenländeranleihen die grössten Profiteure sein. Wir stufen Schwellenländeranleihen in Lokalwährung von neutral auf übergewichtet hoch. Diese Anleihen dürften besonders vom Erreichen des Höchststandes des US-Dollars profitieren, der durch den aggressiven Kurs der Fed zur Bekämpfung der Inflation auf die höchsten Werte seit mehreren Jahrzehnten getrieben wurde.

Abbildung 5 – Monatsübersicht Asset-Allocation
Dezember 2022
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Quelle: Pictet Asset Management

In unserem zentralen Szenario für China rechnen wir mit einer Erholung. Wir stehen den asiatischen Schwellenländern daher angesichts der üblichen Ausstrahlungseffekte in der Region positiv gegenüber. Es gibt auch Binnenfaktoren, die die Region stützen, nicht zuletzt die Erholung des Tourismus. Wir glauben auch, dass die Schwellenländer diesen Zyklus anders als in der Vergangenheit besser bewältigen werden. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten waren es die Schwellenländer, die die Zinsen im Zyklus als erstes angehoben haben. Diese Volkswirtschaften haben den Zinsschock dank ihres robusten Wachstums aufgefangen und dürften von einer Umkehr – angeführt von der Fed mit ihrer Unterbrechung des Straffungszyklus – profitieren.

Inzwischen haben die steigenden Zinsen zu einem Anstieg der Nettozinsmargen der Banken geführt. Und da die Konjunkturaussichten nicht mehr ganz so besorgniserregend sind – das Risiko einer Stagflation hat abgenommen und es ist eher mit einer ganz normalen leichten Abschwächung des Wachstums zu rechnen – können Finanzwerte länger von höheren Gewinnen profitieren. Wir stufen den Sektor daher von untergewichtet auf neutral hoch.