Es ist kein Zufall, dass Bitcoins gerade jetzt wieder ins Rampenlicht rücken, wo Inflationsängste zunehmen.
Kryptowährungen – Bitcoins sind der bekannteste Vertreter – sind zu einem Stimmungsbarometer geworden, an dem sich die Haltung zur aggressiven Zentralbankpolitik und Finanzrepression ablesen lässt. In den vergangenen zehn Jahren haben die Notenbanken ihre Volkswirtschaften nach der globalen Finanzkrise gepusht, indem sie die Zinsen und Anleiherenditen unter die Inflationsrate gesenkt haben. Die Folge waren negative inflationsbereinigte Renditen für die Investoren. Diese Situation verschärfte sich drastisch, als die Geldpolitik mit massiven Massnahmen auf die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise reagierte.
Gleichzeitig wächst die Sorge über staatliche Überwachung, da unser Leben immer mehr online stattfindet. Eine anonyme digitale Währung gewinnt an Attraktivität.
Aber mit Bitcoins kann einiges schiefgehen. Die digitale Währung ist daher nichts anderes als ein spekulatives Investment.
Bitcoins haben jüngst zu einem Höhenflug angesetzt, weil befürchtet wird, dass die Zentralbanken mit ihrer quantitativen Lockerung und weiteren Hilfsmassnahmen zu weit gegangen sind. Die Angst nimmt zu, dass die Währungshüter allmählich die Staatsdefizite monetarisieren, das heisst, dass sie Haushaltsüberschreitungen dauerhaft finanzieren, um die Volkswirtschaften nach der COVID-19-Pandemie zu stützen.
Das ist ein echtes Problem, da die Schuldenmonetarisierung in der Vergangenheit ein Vorbote für unkontrollierte Inflation war.
Aber auch diejenigen, die sich keine Sorgen über eine derart extreme Konsequenz machen, haben Gründe, sich für Bitcoins zu begeistern. Allein die Tatsache, dass die Zentralbanken die Renditen von Staatsanleihen unter die ohnehin schon niedrige Inflationsrate drücken – die sogenannte Finanzrepression –, hat die Opportunitätskosten für den Besitz von nicht ertragsgenerierenden Vermögenswerten wie Bitcoins gesenkt.
Zuletzt wies die Kryptowährung eine leichte positive Korrelation zu Aktien und Gold und eine negative Korrelation zu US-Staatsanleihen und dem US-Dollar auf.
Immer mehr Unternehmen sind bereit, Bitcoins für den Zweck zu verwenden, für den sie ursprünglich vorgesehen waren – als Tauschwährung. Der E-Auto-Hersteller Tesla teilte mit, er werde seine Autos in Bitcoins auspreisen. Einen Teil seiner Barmittel in US-Dollar hat das Unternehmen bereits in die Kryptowährung umgewandelt. Auch die Finanzunternehmen Mastercard und BNY wollen Bitcoins für ihre Transaktionen nutzen oder im Namen ihrer Kunden halten. Die US-Derivatebörse CME bietet Bitcoin-Futures an, die den Weg für einen liquideren Markt ebnen könnten.Bitcoins sind zwar im normalen Handel auf dem Vormarsch, haben aber noch einen langen Weg vor sich, bevor sie als Währungsersatz dienen. Sie sind immer noch umständlich zu verwenden und nicht allgemein akzeptiert und es wimmelt von Geschichten über Nutzer, die ihre Passwörter vergessen oder Probleme mit ihrer Hardware haben, sodass sie nicht mehr auf ihre Bitcoin Wallets zugreifen können – etwa 20 Prozent der Kryptowährung sollen sich in dieser Zwischenwelt befinden.1
Zudem ist die Blockchain, das heisst die Datenbank, in der die Bitcoin-Transaktionen erfasst werden, hinsichtlich der Anzahl der Transaktionen, die sie ausführen kann, begrenzt – geschätzt sind es zwischen drei und neun pro Sekunde. Wirft man dann noch die hohen Transaktionskosten in die Waagschale, schwindet die Attraktivität von Bitcoins gegenüber liquideren Vermögenswerten.
Die US-Finanzministerin Janet Yellen warnte kürzlich davor, dass Bitcoins bei der Durchführung von Transaktionen äusserst ineffizient und zudem hochspekulativ seien.
Die jüngsten Kursentwicklungen haben Zweifel am Potenzial von Bitcoins als Alternative zu sicheren Vermögenswerten oder als Wertspeicher aufkommen lassen. Am 21. Februar lag der Bitcoin-Kurs bei einem Spitzenwert von 58.000 US-Dollar. Am darauffolgenden Tag fiel er auf 47.000 US-Dollar zurück – auf den Stand der Vorwoche. Diese Volatilität ist nichts Neues – der Dollarkurs von Bitcoins war schon immer starken Schwankungen unterworfen.
Ein zentrales Problem für Investoren besteht darin, dass Bitcoins nicht bewertet werden können. Sie implizieren keinen Anspruch auf einen Basiswert – sie sind der Vermögenswert selbst. Sie erwirtschaften keine Erträge. Und im Gegensatz zu Gold beispielsweise haben sie keine lange Historie vorzuweisen, in der sie sich als alternative Wertanlage einen Namen machen konnten. Das Handelsvolumen ist gering, sie werden häufig mit illegalen Geschäften in Verbindung gebracht und sie sind anfällig für starke stimmungsabhängige Schwankungen.
Und sie unterliegen hohen Risiken.
Je stärker das spekulative Interesse von Hobbyanlegern an Bitcoins geweckt wird, desto mehr rückt es ins Visier der Regulierungsbehörden, die die Investoren schützen wollen. Als der Bitcoin-Kurs auf seinem höchsten Stand lag, wurde der Gesamtwert aller vorhandenen Bitcoins auf 1 Bio. US-Dollar geschätzt. Obwohl darin noch kein potenzielles systemisches Risiko für das Finanzsystem gesehen wird, ist der Markt hinreichend gross, um von den Aufsichtsbehörden genau unter die Lupe genommen zu werden. Abgesehen davon beschäftigt sich die Justiz bereits mit der Rolle von Bitcoins in der Schattenwirtschaft. Bitcoin-Mining ist in hohem Masse konzentriert, hauptsächlich bei chinesischen Betreibern.
Obwohl die grosse Attraktivität von Bitcoins in seiner Anonymität liegt, ist nicht auszuschliessen, dass sich die Währungsbehörden etwas Vergleichbares einfallen lassen, das noch viel attraktiver erscheint. Yellen wies kürzlich darauf hin, dass die Welt zwar noch viele Probleme lösen müsse, bevor es den digitalen US-Dollar geben werde, es sich aber „absolut lohne, sich damit zu beschäftigen“. Sie fügte hinzu, dass ein „digitaler Dollar schnellere, sicherere und günstigere Zahlungen ermöglichen könne“. Ein digitaler US-Dollar, der seinen Nutzern ebenfalls Anonymität bietet, wäre potenziell attraktiv – je nachdem, zu welchen Arten von Garantien die Regierung bereit wäre.
Je stärker das spekulative Interesse von Hobbyanlegern an Bitcoins geweckt wird, desto mehr rückt es ins Visier der Regulierungsbehörden, die die Investoren schützen wollen.
Der letzte grosse Nachteil von Bitcoins ist das begrenzte Angebot – im Code ist eine Höchstzahl von 21 Millionen BTC festgelegt. Neue Bitcoins zu schürfen, erfordert immer höhere Rechenleistung. Sie sind immun gegen eine Abwertung wie bei traditionellen Währungen, vor der viele ihr Befürworter Angst haben.
Aber auch hier hat der Bitcoin mit Herausforderungen zu kämpfen. Einer Schätzung zufolge wird für das Bitcoin-Mining mehr Strom verbraucht als von ganz Argentinien zusammen.2 Die iranische Regierung hat für lokale Stromausfälle das stromfressende Bitcoin-Mining verantwortlich gemacht.3 Ein weiterer Grund für die Regierungen, aggressive Massnahmen gegen Bitcoins zu ergreifen.
Die Kryptowährung ist immer wieder eine Schlagzeile wert und hat viele Unterstützer in den Internet-Chatrooms. Es sind damit jedoch zu grosse Risiken verbunden, als dass sie als ernstzunehmendes Anlageinstrument, geschweige denn als Ersatz für den US-Dollar, in Frage käme.
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