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Aktive Anleihenallokation in Portfolios

September 2020
Marketingdokument

Strategic Credit: Ein agiler Ansatz in einer unsicheren Welt

Jon Mawby spricht über die Vorteile einer aktiven Aktienallokation in Portfolios, jetzt, wo Staatsanleihen ihren traditionellen Zweck nicht mehr erfüllen.

Regierungen in aller Welt haben massive Massnahmen ergriffen, um ihren Volkswirtschaften während der COVID-19-Krise unter die Arme zu greifen. Was sind die wesentlichen Auswirkungen für Anleiheinvestoren?

Zunächst einmal müssen Investoren die Rolle von Anleihen in ihren Portfolios überdenken – weil Staatsanleihen ihrer historischen Rolle nicht mehr gerecht werden. Weder liefern sie stabile und sichere Erträge noch sind sie eine sichere Wertanlage. Und eine Diversifizierungsquelle als Gegenpol zu Aktien sind sie auch nicht. Somit macht ein traditionelles Portfolio, das zu 60% aus Aktien und 40% aus Anleihen – mit Ausrichtung auf Staatspapiere – keinen Sinn mehr.

Wenn es den Zentralbanken gelingt, die Inflation anzukurbeln und sich die Geldpolitik wieder normalisiert, einschliesslich steigender Zinssätze, laufen Investoren Gefahr, sowohl bei ihren Anleihen- als auch ihren Aktienbeständen Verluste zu erleiden. Sie müssen also die Zusammenstellung ihrer Portfolios überdenken.

Ist die Angst vor Inflation wirklich berechtigt? In den letzten zehn Jahren lagen die grossen Zentralbanken fast die meiste Zeit konstant unter ihrem Inflationsziel von 2%.

Vor diesem Hintergrund gibt es ein paar Dinge zu beachten. Zum einen haben die Zentralbanken zwar nach der Finanzkrise 2008 quantitative Lockerung betrieben und andere Notfallmassnahmen ergriffen, aber sie konzentrierten sich damit weitgehend auf die Unterstützung des Bankensektors. Zum anderen war diese Intervention vom Umfang her deutlich geringer als in diesem Jahr. Unsere Ökonomen schätzen, dass die Liquiditätszufuhr damals etwa 8% des globalen BIP ausmachte. in diesem Jahr dürften die Zentralbanken ungefähr 14% des globalen BIP in das System gepumpt haben. 

Und zu guter Letzt – und vielleicht am entscheidendsten – haben die Regierungen in den Jahren nach der Kreditkrise einen Sparkurs eingeschlagen, um ihre Haushalte schnellstmöglich wieder auszugleichen. Dieses Mal werden massive Löcher in die Staatskassen gerissen und die Regierungen machen keine Anstalten, in nächster Zeit von ihrem freigiebigen Kurs abzuweichen. Investoren müssen einkalkulieren, dass die US-Notenbank diesen Sommer ihren geldpolitischen Rahmen angepasst und die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund gestellt hat. Sie ist jetzt viel eher bereit, ein Heisslaufen der Inflation zuzulassen, wenn sie in früheren Phasen des Konjunkturzyklus zu niedrig war.

Während also noch vor zehn Jahren Geld- und Fiskalpolitik gegensätzliche Extreme waren, arbeiten sie heute zusammen. Solange die Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen gelten und die wirtschaftliche Aktivität weiterhin durch Lockdowns ausgebremst wird, werden alle diese Impulse – wenn überhaupt – nur den anschliessenden Nachfragerückgang abfedern.

Abb. 1 – Kann das von Dauer sein?
Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP, % des BIP, Prognosen von Pictet Asset Management für 2020 und 2021
Debt to GDP for strategic credit.png
Quelle: Refinitiv, Bank for International Settlements, Pictet Asset Management. Historische Daten beziehen sich auf den Zeitraum 31.12.1999–08.09.2020, Prognosezeitraum bis 31.12.2020.

Aber sobald wir zu unserem gewohnten sozialen Leben zurückkehren, sobald die Menschen wieder reisen, essen gehen, ins Theater gehen, einkaufen und arbeiten wie vor der Krise, werden diese massiven fiskal- und geldpolitischen Impulse sich in den Preisen von Waren und Dienstleistungen niederschlagen – und vielleicht schneller als viele denken.

Längerfristig stellen alle diese Impulse auch eine Gefahr für die soziale Stabilität dar. Der geldpolitische Ansatz der Zentralbanken hat bereits Disharmonie hervorgerufen, weil Kapital über Arbeit gestellt wird. Diese Diskrepanz dürfte tiefgreifende Konsequenzen für Anleiheinvestoren haben. 

Eine kurze Erklärung dazu: Die Phillips-Kurve – welche die inverse Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation beschreibt – hängt von der relativen Preissetzungsmacht von Kapital und Arbeitnehmern ab. Unter normalen Umständen gilt das Prinzip, je grösser die Nachfrage nach Arbeitskräften ist, desto grösser ist deren Preissetzungsmacht und desto schneller steigen die Löhne und im Anschluss die Inflation. Durch die quantitative Lockerung ist freies Kapital in die Wirtschaft geflossen, sodass die Unternehmen nahezu unendliche Preissetzungsmacht haben und die Arbeitnehmer umso weniger. Da es sich um freies Kapital handelt, wurde es falsch platziert. Gleichzeitig kann die Arbeitslosigkeit gesenkt werden, ohne den Arbeitnehmern Verhandlungsmacht über die Löhne zu geben. Aktienoptionen für das Management, Aktienrückkäufe, fehlende produktive Investitionen – all das führt dazu, dass sich die Wirtschaft gegen die Arbeitskräfte wendet. Diese Ungleichgewichte werden sich noch verstärken, wenn die Inflation anfängt, schneller zu steigen als die Löhne.

Ist das nicht ein Problem, das noch in weiter Ferne liegt?

Wir sehen bereits erste Effekte. Da sich die Arbeitnehmer über ihre fehlende Wirtschaftskraft ärgern, halten sie Ausschau nach anderen Lösungen – die im Allgemeinen nicht sehr unternehmensfreundlich sind. Der Anstieg des Populismus, Zölle und gewaltsame Demonstrationen sind Teil dieses Trends. Das wird zu einer noch stärkeren Marktvolatilität als in den vergangenen zehn Jahren führen, nicht nur bei Aktien, auch bei Anleihen.

Die Bemühungen der Zentralbanken, den Auswirkungen von Marktschwankungen entgegen zu wirken, hat die Sache nur noch verschlimmert. Dieser Interventionismus macht die Investoren selbstgefällig, ermutigt sie dazu, Renditen hinterherzujagen, treibt die Preise für Kapitalanlagen weiter hoch, auf Niveaus, die nicht mehr durch Fundamentaldaten belegbar sind. Dann geschieht etwas, was die Investoren veranlasst, ihren Optimismus zu überdenken, sie flüchten aus dem Markt, und an dieser Stelle greifen die Zentralbanken wieder ein.

Abb. 2 – Geldsegen
Von den Zentralbanken in den USA, China, der EWU, dem Vereinigten Königreich und Japan zur Verfügung gestellte Liquidität, über einen rollierenden 6-Monats-Zeitraum, in % des BIP*
CB liquidity for strategic credit.png
* Von den Notenbanken neu zur Verfügung gestellte Liquidität, berechnet anhand der in den letzten sechs Monaten bereitgestellten Nettoliquidität, gemessen als prozentualer Anteil am nominalen BIP unter Verwendung von BIP-Gewichtungen basierend auf dem aktuellen USD-Kurs. Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 31.12.2006–15.08.2020.

In den vergangenen zehn Jahren sind diese Zyklen am Anleihenmarkt alle 18 Monate bis zwei Jahre aufgetreten. 2008 kam zunächst die globale Finanzkrise, gefolgt von der Staatsschuldenkrise in den Ländern der Eurozone ein paar Jahre später. Dann kamen das „Taper Tantrum“ – die „Drosselungsangst“ in den USA –, die Energiekrise 2016, Trumpflation und schliesslich COVID-19. Ich kann Ihnen nicht sagen, was der nächste Auslöser sein wird, aber ich weiss ganz sicher, dass es einen geben wird, weil die Anlegerpsychologie immer demselben Muster folgt.

Beispielsweise machten wir uns gegen Ende letzten Jahres zunehmend Gedanken darüber, dass die Kreditmärkte so hoch bewertet waren. Wir konnten nicht COVID-19 vorhersehen, aber wir wussten, dass etwas geschehen würde, was die Investoren dazu bringen würde, ihren Blick auf die Zukunft in Frage zu stellen. Als sich das ganze Ausmass der Pandemie offenbarte, gerieten die Investoren in Panik und es gab eine Massenflucht aus den meisten Anlageklassen. Grosse Teile des Kreditmarkts sanken tief – von völlig überzogen zu unangemessen günstig. 

Und wieder warfen die Zentralbanken den Investoren eine Rettungsleine zu, und wieder fingen sie an, sich selbst hochzuziehen. Nicht mehr lange, und sie merken, dass sie zu weit gegangen sind. Am Ende erinnern sie an diese Zeichentrickfigur, die an einem Seil hochklettert, das nirgendwo befestigt ist. Sie erreichen das lose Ende, schauen in Panik um sich und fallen dann wieder tief. 

In einigen Teilen des Marktes können wir bereits Fehlbewertungen beobachten. Der MOVE Index zum Beispiel, der die Volatilität von US-Staatsanleihen misst, befand sich vor der Krise auf historischen Tiefständen. Er stieg im März und April sprunghaft an, ist danach aber wieder auf die Tiefstände vor COVID-19 gesunken – solche Niveaus können nicht von Dauer sein. Wenn sich die COVID-19-Krise kurzfristig verschärft, dürften die Renditen von US-Staatsanleihen noch weiter zurückgehen. Kommt ein Impfstoff auf den Markt, werden die Renditen mit ziemlicher Sicherheit steigen. In jedem Fall wird die Volatilität zunehmen.

Wenn Staatsanleihen nicht mehr der sichere Hafen sind, der sie einst waren, was sollen Investoren dann tun?

Es ist jetzt noch wichtiger denn je, sich mit dem Zyklus zu bewegen, eine vernünftige und vorsichtige gegenläufige Haltung einzunehmen. Es ist sinnvoll, nach einer Panik an den Märkten nach Wert Ausschau zu halten – mit anderen Worten, wenn die Kreditmärkte aktienähnliche Renditen zu anleihenähnlichen Risiken bieten. Und natürlich braucht es gute und gründliche Analysen, um nicht in Value-Fallen zu geraten.

Und dann, wenn das Vertrauen der Investoren sich selbst vorauseilt, wenn Anleihen allmählich anleihenähnliche Renditen für aktienähnliches Risiko liefern, dann ist es wichtig, sich neu zu positionieren und sich bis zum nächsten Zyklus zurückzuhalten.

Es wird häufig vergessen, dass Volatilität sehr schnell zurückkehren kann. Wie bereits gesagt, sind diese Zyklen viel häufiger als von den Investoren angenommen.

Ein traditionelles Portfolio, das zu 60% aus Aktien und 40% aus Anleihen besteht, macht keinen Sinn mehr.

Dazwischen gibt es attraktive Möglichkeiten für Investoren – Phasen von Marktverwerfungen und starker Renditedivergenzen –, wie wir sie jetzt gerade erleben. Einige Anlagen sind überbewertet, weil sie starke Zuflüsse verzeichnen, andere wiederum geraten in Vergessenheit und bieten nach wie vor einen Wert. Auch wenn es wichtig ist, ausreichend Liquidität vorzuhalten, muss man sich bewusst sein, dass eine Absicherung durch Liquidität vielleicht in guten Zeiten funktioniert, nicht aber zwangsläufig in Zeiten von Marktstress.  

Investoren, die sich nicht an eine Benchmark binden, können die Märkte auf der Suche nach Value-Quellen ungehindert durchforsten. Natürlich müssen sie agil bleiben und genaue Einblicke haben, was eine bestimmte Anlage und den Markt als Ganzes antreibt. Im besten Fall bekommen die Investoren das, was Staatsanleihen nicht mehr bieten können – nämlich eine angemessene, stabile Rendite, mit kontrolliertem Abwärtsrisiko und möglichst geringer Korrelation zu aktienähnlichem Risiko.