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EM Monitor – Fiskalische Gegenmassnahmen der Schwellenländer in Reaktion auf Covid-19

Juni 2020
Marketingdokument

Schwellenländer bewegen sich auf schmalem Grat – Analyse der fiskalischen Gegenmassnahmen

In unserer letzten Ausgabe haben wir uns mit den geldpolitischen Gegenmassnahmen der Schwellenländer in Reaktion auf Covid-19 befasst. Jetzt schauen wir uns an der Fiskalfront um: Welche Länder nehmen die grössten Anpassungen vor und welche erscheinen stärker gefährdet als andere? Das Problemtrio Brasilien, Türkei und Südafrika erscheint besonders anfällig.

Geplagt durch Leistungsbilanzdefizite

Wie in früheren Episoden hoher Risikoaversion leiden die Währungen der Schwellenländer am meisten – weil sie vom Geldtropf ausländischer Investoren abhängen. Die Währungen dieser Länder mit Leistungsbilanzdefiziten haben seit Jahresbeginn 13% eingebüsst. Wir schauen uns folgende Länder im Detail an: Indien, Indonesien, Malaysia, Brasilien, Mexiko, Kolumbien, Türkei und Südafrika.

Doch nicht ganz so gross ...

Auf den ersten Blick erscheinen die Fiskalpakete für die acht betrachteten Länder sehr gross  (z. B. 8,5% des BIP für Brasilien oder 7,1% für Kolumbien). Richtig gross aber ist das Volumen der verbürgten Kredite – Überbrückungskredite für Unternehmen, damit sie die Krise überstehen –, die nicht die öffentliche Verschuldung erhöhen, weil sie  zurückgezahlt werden sollten. „Sollten“ ist das Stichwort, denn es setzt voraus, dass diese Unternehmen nicht ausfallen oder dass Regierungen nicht auf die Rückzahlung verzichten.

Den Druck nehmen
Abb. 1 – Fiskalpakete für 8 grosse Schwellenländer mit Leistungsbilanzdefiziten 
Abb.1 – Tabelle mit Aufschlüsselung der Staatsausgaben, unterteilt in Fiskalausgaben und verbürgte Kredite in % des BIP für 8 grosse Schwellenländer: Indien, Indonesien, Malaysia, Brasilien, Mexiko, Kolumbien, Türkei und Südafrika.
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv, Mai 2020

Brasilien am meisten gefährdet

Konzentrieren wir uns rein auf die Fiskalausgaben, die sich auf den Schuldenstand auswirken, scheinen diese Schwellenländer ein gutes Gleichgewicht zwischen Notwendigkeit und Bezahlbarkeit gefunden zu haben – mit Ausnahme von Brasilien. 

Aber die öffentliche Verschuldung ist nur einer von mehreren Indikatoren, die es zu berücksichtigen gilt. Mithilfe von sechs Inputfaktoren, die in unseren eigenen Score für die Bewertung der Schuldentragfähigkeit einfliessen,  stellen wir unten in Abb. 2 einen Zusammenhang mit den fiskalischen Impulsen in den einzelnen Ländern her.

Dies zeigt, dass die grösseren Fiskalpakete aus Ländern mit einem nachhaltigeren Schuldenniveau kommen. Oder umgekehrt: Je höher das staatliche Risiko, desto schwächer die fiskalischen Impulse. Beispiele für hohe Verschuldung und geringe Impulse sind Südafrika und Indien. Im Gegensatz dazu steht Brasilien, das mit 380 Mrd. BRL gerade den zweitgrössten Haushalt der Schwellenländer nach Thailand verabschiedet hat.

Einer fällt aus der Reihe
Abb. 2 – Fiskalausgaben der Schwellenländer & Score für die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung
Abbildung mit Staatsausgaben von 8 grossen Schwellenländern, mit Angabe unseres eigenen Score für die Schuldentragfähigkeit
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv, Mai 2020
Abgesehen von Brasilien dürfte die Verschlechterung der Haushaltslage in den Schwellenländern viel geringer ausfallen als in den Industrieländern.  Der Mittelwert der direkten fiskalischen Impulse in den Schwellenländern liegt bei 1,6% des BIP gegenüber 4,2% bei den Industrieländern. Darüber hinaus sind die Schwellenländer im Allgemeinen viel vorsichtiger bei der Bereitstellung von verbürgten Krediten an den privaten Sektor als in den Industrieländern.

Welchen Weg nehmen?

Kann man überhaupt zu vorsichtig sein? Ein ganz klares Risiko ist, dass kleinere Fiskalpakete nicht effizient sind und letztendlich zu höheren Kosten für die Wirtschaft insgesamt führen. Das liegt daran, dass es in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Haushaltslage kommen wird, weil der Einbruch der Wirtschaftsaktivität zu einem Rückgang der Staatseinnahmen infolge geringerer Steuereinnahmen führt. Beispielsweise prognostizieren wir für Südafrika, dass ein nominaler Rückgang des  BIP um 3,7% im Jahr 2020 entgangene Staatseinnahmen in Höhe von 5% zur Folge haben dürfte.
 

Ein ganz klares Risiko ist, dass kleinere Fiskalpakete nicht effizient sind.

Der Grat, den Schwellenländer mit Leistungsbilanzdefiziten in den kommenden Monaten beschreiten müssen, ist schmal: Zu viele fiskalische Impulse bergen die Gefahr, dass die Schuldenlast nicht mehr tragfähig ist und Währung und Wirtschaft zusammenbrechen, aber zu wenige Impulse und eine wirtschaftliche Flaute belasten die Staatseinnahmen und schaden der Währung.
 

Ein stabile Basis ist wichtig

Ein entscheidender Faktor ist das Engagement inländischer Investoren. Wie Abb. 3 unten zeigt, zählen Brasilien, Indien und Malaysia zu den Ländern, die sich gut behaupten können – ihre öffentlichen Schulden werden zu mehr als 85% von inländischen Investoren gehalten. Andere wiederum, wie Kolumbien, Indonesien, Südafrika und vor allem die Türkei, haben eine über dem Mittelwert der Schwellenländer liegende ausländische Investorenbasis.
Das Gesamtbild
Abb. 3 – Finanzierungsbedarf der Schwellenländer & öffentliche Auslandsschulden (% der gesamten Staatsverschuldung)
Abbildung mit Darstellung des Finanzierungsbedarfs von 8 Schwellenländern, Aufschlüsselung ausländische/inländische Investoren
Quelle: Pictet Asset Management, CEIC, Refinitiv
Das Problemtrio

Insgesamt hat Brasilien den grössten Finanzierungsbedarf, während die Türkei am meisten von ausländischen Investoren abhängig ist. Südafrika erscheint jedoch am meisten gefährdet, weil es ein erhebliches Finanzierungsdefizit und eine hohe Auslandsverschuldung hat.