Wie hat sich das Fixed-Income-Universum in den letzen drei Jahren verändert und wie wirkt sich das auf Ihre Portfolioverwaltung aus?
In den letzten drei Jahren haben wir eine Reihe besorgniserregender disruptiver Entwicklungen und Minikrisen erlebt. Jede einzelne – sei es nun die Griechenland-Krise, die unerwartete Abkopplung des Schweizer Franken vom Euro, der Vormarsch der Negativrenditen bei Anleihen oder die Abwertung des chinesischen Renminbi – ist ein Beleg für das Ringen um eine ausgewogenere Weltwirtschaft. Noch ist nicht klar, wie sich dieser Übergang gestalten wird. Es ist und bleibt ein Prozess mit vielen Höhen und Tiefen. Verschlimmert wird das alles noch dadurch, dass die Anleihenmärkte nicht mehr so liquide sind wie früher.
Anleger bewegen sich also auf unbekanntem Terrain. Eine Lektion haben wir jedoch gelernt: Eine direktionale Positionierung allein ist keine tragbare Anlagestrategie mehr. Damit meine ich, dass Anleger Probleme bekommen werden, wenn sie sich wie früher ausschliesslich in Erwartung einer bestimmten Zinsentwicklung positionieren. Denn heute müssen sie sich auch für den Fall wappnen, dass sich ihre Vorhersage zur Wirtschaft als falsch erweist. Risikobewusstsein, d.h. nach günstigen Wegen suchen, um das Portfolio vor möglichen nachteiligen Entwicklungen zu schützen, ist besonders wichtig.
Ein grösseres Augenmerk müssen Anleger künftig auch auf den Wert richten. So müssen sie sicherstellen, dass sie nicht zu viel für ein Anlageinstrument zahlen und für das eingegangene Risiko angemessen entschädigt werden.
In einer Zeit, in der es schwieriger geworden ist, Anleihen zu kaufen und zu verkaufen, ist eine langfristige Perspektive wichtiger denn je. Zu häufige Umschichtungen in Phasen mit sich verschlechternder Liquidität verursachen hohe Transaktionskosten, die den Portfolioertrag empfindlich schmälern können. Zu wissen, dass man ein Wertpapier zu einem fairen Preis gekauft hat, erleichtert die Umsetzung der „Buy and Hold“-Strategie.
Der starke Anstieg des verwalteten Vermögens von Fixed-Income-Fonds und der gleichzeitige Rückgang des von Market Makern wie Banken gehaltenen Anleihenvolumen lässt vermuten, dass es künftig schwieriger wird, Anleihen zu kaufen und zu verkaufen. Müssen sich Anleger Sorgen um die Liquidität machen?
Mehr denn je konnten wir in diesem Jahr beobachten, welche Folgen ein Nachlassen der Liquidität hat. Die zuletzt ungewöhnlich hohen Schwankungen bei US-Treasuries und deutschen Bundesanleihen sind hierfür der beste Beweis. Und die Handelsbedingungen könnten noch schwieriger werden. Da die US-Notenbank wohl schon bald ihre Geldpolitik straffen wird, könnte es in den nächsten Wochen eine wahre Flut an Neuemissionen von Unternehmen geben, die noch schnell Kapital zu günstigen Konditionen aufnehmen wollen, bevor die Kreditkosten wieder steigen. Früher wurde ein Teil dieses Angebots von den Banken absorbiert, die sich mittlerweile mit Käufen jedoch stärker zurückhalten. Deshalb nimmt mit dem höheren Angebot auch die Gefahr grösserer Schwankungen zu.
Aber ich habe noch etwas anderes beobachtet: Obwohl die Zentralbanken Anleihen ankaufen, hat sich der Renditeabstand zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen vergrössert. Für mich ist das ein Indiz dafür, dass die Märkte allmählich eine Liquiditätsprämie für Unternehmensanleihen verlangen und damit der Erwartung Rechnung tragen, dass diese Wertpapiere künftig schwieriger zu kaufen bzw. zu verkaufen sein werden.
Bereitet die US-Notenbank die Anleger Ihres Erachtens angemessen auf ihre erste Zinserhöhung seit zehn Jahren vor?
Anders als zunächst von der Fed erwartet, sieht es derzeit nicht nach einer Zinsanhebung noch in diesem Jahr aus. Aber in gewisser Hinsicht habe ich kein Problem damit, dass die Fed in den letzten Wochen einen expansiveren Kurs eingeschlagen hat. Denn es ist ja nicht so, dass die USA mit enormem Inflationsdruck zu kämpfen hätten. Auch kann man das Wirtschaftswachstum kaum als überaus robust bezeichnen. Aus US-amerikanischer Sicht hatte die Fed meines Erachtens schon die ganze Zeit die Absicht, die Füsse still zu halten.
Ein wichtigeres Thema ist für mich die Veränderung in der Kommunikation der Fed. So hat sie den Terminus „externes Umfeld“ eingeführt, von dem niemand so recht weiss, was oder welche Märkte oder Volkswirtschaften die Fed-Präsidentin Janet Yellen und ihre Kollegen damit meinen. Warum sollte die Fed etwas in ihre Überlegungen einbeziehen, das sie nicht kontrollieren kann?
Mit dem Verweis auf dieses „externe Umfeld“ macht es die Fed den Anlegern nicht eben leichter. Ihre künftige Strategie ist dadurch sehr schwer einzuschätzen und entsprechend hat die Volatilität am Markt zugenommen.
Es ist schwieriger geworden, die Aussagen der Fed zu deuten.
Auch anderen Zentralbanken rund um den Globus wird es damit erschwert, sich auf einen Zinsschritt in den USA vorzubereiten. Wie die Anleger sind auch die Zentralbanken von China bis zur Euro-Zone im Unklaren darüber, was die Fed plant. Besonders schwierig ist die Lage für China, dessen Währung quasi dem US-Dollar folgt.
Ich gehe zwar davon aus, dass die Zinsen noch eine Weile sehr niedrig bleiben werden. Aber die fehlende Transparenz auf Seiten der Fed stösst am Markt auf wenig Gegenliebe. Lässt die Fed Anleger über ihre Vorgehensweise im Unklaren, können diese Risiken nicht mit hinreichender Sicherheit einpreisen. Und das macht sie zurückhaltender gegenüber weniger liquiden Schuldtiteln wie Hochzinsanleihen.
Die US-Zentralbank ist nach Ihrem Dafürhalten für Anleger schwieriger einzuschätzen. Gilt das auch für die politisch Verantwortlichen in China?
ASB: Ja. Die chinesische Regierung scheint Wirtschaft und Finanzmärkte des Landes nicht mehr ganz so gut unter Kontrolle zu haben wie früher. Ihre Eingriffe in die Aktien- und die Anleihenmärkte waren wenig erfolgreich.
Anleger liess man im Glauben, beim Übergang von einer auf Investitionen und verarbeitendem Gewerbe basierenden hin zu einer stärker konsumorientierten Wirtschaft habe man alles im Griff. Ich bin zwar überzeugt, dass dieser Übergang kommen wird. Aber der Wandel wird Jahre in Anspruch nehmen und wohl länger dauern, als den Verantwortlichen möglicherweise bewusst ist.
Auch wird der Umbau der Wirtschaft nicht ohne Blessuren vonstattengehen. Bei einem Vorhaben dieser Grössenordnung wäre das auch mehr als ungewöhnlich. Möglicherweise haben die Chinesen ihre Wirtschaft unmittelbar nach dem Platzen der Kreditblase in den USA 2008 zu stark stimuliert und auch bei ihrem jüngsten Versuch, die Wirtschaft abzukühlen und sie von der verarbeitenden Industrie unabhängiger zu machen, den Bogen überspannt.
Nun befindet sich die Regierung in einer schwierigen Lage, denn ihre diversen Stimulierungsmassnahmen für die Wirtschaft scheinen ins Leere zu laufen. Paradoxerweise ist die Geldpolitik in China heute restriktiver als noch vor einem Monat. Und mit der Art und Weise ihres Währungsmanagements haben sie nicht gerade an Glaubwürdigkeit gewonnen. Erst wurde der Renminbi abgewertet, dann ruderte man zurück, indem man Kapitalverkehrskontrollen einführte. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Chinesen nicht so sehr von der Fed, die ebenfalls widersprüchliche Signale aussendet.
Wie ist Ihr Portfolio positioniert?
ASB: In den Industrieländern fällt es Anlegern weiterhin schwer, eine attraktive Rendite zu erzielen, ohne dafür deutlich mehr Risiko eingehen zu müssen. Auch wenn wir also davon ausgehen, dass die Zinsen noch geraume Zeit auf ihren historisch niedrigen Niveaus verharren und wir weiterhin ein gewisses Wertpotenzial bei Hochzinsanleihen ausmachen, sind wir doch bemüht, uns nicht zu stark in einer Anlageklasse oder an einem Markt zu engagieren. In Europa favorisieren wir derzeit den Finanzsektor, in dem vor- und nachrangige Schuldtitel attraktive Renditen bieten.
Wie eingangs erwähnt, wird China meines Erachtens den geplanten Umbau zu einer stärker vom Konsum getragenen Wirtschaft bewerkstelligen. Das allerdings wird Folgen für die Schwellenmärkte haben, zumal für die Rohstoffexporteure, deren Wachstum bislang von China abhing. Deshalb befinden sich im Portfolio seit einiger Zeit Short-Positionen auf diverse Währungen und Märkte der Schwellenländer. Nach unserer Erwartung werden unter anderem der südafrikanische Rand, der chilenische Peso und der malaysische Ringgit in den nächsten Monaten weiter an Wert verlieren.
Aber andererseits gibt es auch Segmente mit Wertpotenzial in der Region. Auf US-Dollar lautende Schwellenmarktanleihen gehören dazu. Mit ihnen können Anleger attraktive Renditen ohne die Währungsschwankungen erzielen, die mit Lokalwährungsanleihen einhergehen. Die Bewertungen innerhalb der Anlageklasse sind attraktiv, denn viele staatliche Emittenten in den Schwellenländern wurden zu Unrecht von Anlegern abgestraft, nachdem Brasilien kürzlich von der Ratingagentur Standard and Poor’s auf Junk-Status heruntergestuft wurde.
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