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Finanzmarkt-Barometer, Ausblick August

August 2022
Marketingdokument

Barometer: Die Rechnung geht nicht auf

Aktien sind weiterhin anfällig für eine Welle von Gewinnwarnungen, insbesondere in den USA und Europa.

01

Asset-Allocation: Noch nicht eingepreist

Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums, steigende Inflation, straffere Geldpolitik und erhöhte geopolitische Risiken, das alles hat Spuren an den Finanzmärkten hinterlassen. Wir glauben jedoch, dass die meisten riskanten Anlageklassen eine Rezession noch nicht vollständig eingepreist haben – ein Szenario, das wir für immer wahrscheinlicher halten.

Obwohl die 12-Monats-KGVs globaler Aktien seit September 2020 um mehr als 30% gesunken sind, bleiben die Konsensprognosen für die Unternehmensgewinne bemerkenswert optimistisch (11% in diesem Jahr und fast 8% in den kommenden beiden Jahren). Das steht in starkem Gegensatz zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wir gehen davon aus, dass diese Prognosen deutlich nach unten korrigiert werden. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass im Falle einer Rezession die Unternehmensgewinne um bis zu 25% einbrechen – ein solcher Rückgang erscheint umso wahrscheinlicher, als die Unternehmensgewinne aktuell auf einem Rekordniveau liegen.

Wir bleiben daher in Aktien untergewichtet und warten dabei entweder auf eine Stabilisierung der Gewinnrevisionen und der Wirtschaftsdynamik oder die Bestätigung, dass die Desinflation stärker ausfällt als erwartet. Dann können wir uns über eine Anhebung der Gewichtung Gedanken machen. Wir sind in Cash übergewichtet und können die Mittel jederzeit einsetzen, wenn sich die Bedingungen verbessern. In Anleihen sind wir neutral positioniert.

Abb. 1 – Monatsübersicht der Asset-Allocation
August 2022
Barometer August 2022
Quelle: Pictet Asset Management

Unsere Konjunkturzyklusindikatoren zeigen eine zunehmende Diskrepanz zwischen den Umfragen zum Geschäfts- und Konsumklima und den harten Daten. Während sich erstere stark verschlechtern, sind letztere bislang relativ stark geblieben, vermutlich gestützt durch die massiven Ersparnisse der Haushalte und die Preissetzungsmacht der Unternehmen.

Diese Stärke ist möglicherweise nicht von Dauer, wie wir bereits in den USA sehen, wo sich die Finanzbedingungen allmählich verschärfen. Wir stufen unseren makroökonomischen Score für die USA auf negativ herab und senken unsere BIP-Wachstumsprognose für 2022 auf konsensnahe 2,2% (von bisher 3%).

Ein Lichtblick für die US-Wirtschaft ist, dass die Inflation bald ihren Höhepunkt erreichen dürfte. 

Für die Eurozone sieht es düsterer aus. Hier liegt unser Frühindikator für die Konjunkturentwicklung mittlerweile unter dem Niveau vor der Pandemie. Die durch Deutschland in Mitleidenschaft gezogene Dynamik lässt weiter nach und der Preisdruck nimmt immer weiter zu. Die Europäische Zentralbank ist in ihrem Bemühen um Inflationsbekämpfung im Vergleich zur US-Notenbank Fed, die im vergangenen Monat die Zinssätze um weitere 75 Basispunkte angehoben hat, deutlich hinter der Kurve.

Die asiatischen Schwellenländer gehören zu den wenigen wirtschaftlichen Lichtblicken, gestützt durch den Aufschwung in China – einer Volkswirtschaft, die von der Wiederöffnung der Wirtschaft profitiert und den nötigen Spielraum, die Mittel und die Motivation hat, um das Wachstum anzukurbeln. Auch wenn dabei nicht die anhaltenden Probleme auf dem chinesischen Immobilienmarkt vergessen werden dürfen, halten wir das Umfeld für chinesische Aktien im Grossen und Ganzen für positiv.

Unsere Liquiditätsindikatoren deuten darauf hin, dass vor riskanteren Anlageklassen eine schwierige Zeit liegt. In den meisten grossen Volkswirtschaften führen Zinserhöhungen der Zentralbanken und quantitative Straffungsmassnahmen zu einer Abnahme der Überschussliquidität. Insgesamt haben die fünf grossen Zentralbanken der Welt im vergangenen Quartal 1,8 Billionen US-Dollar an Liquidität abgebaut.

Während die Fed die Leitzinsen auf ein neutrales Niveau gebracht und angedeutet hat, dass sie die zukünftige Vorgehensweise von der Datenlage abhängig machen werde, haben die Märkte die Haltung der Zentralbank als „akkomodierend“ interpretiert. In den aktuellen Marktpreisen schlägt sich die Erwartung nieder, dass die US-Leitzinsen im Dezember dieses Jahres ihren Höhepunkt erreichen, also ganze 50 Basispunkte unter der Schätzung der Fed selbst. Obwohl wir die Möglichkeit einer Zins-Pause nicht ausschliessen, ist das momentan alles nur Spekulation.

Abb. 2 – Zu viel Optimismus?
MSCI All Country World Index, nachlaufende EPS-Prognosen 12 Monate
Asset-Allocation – Gewinne
Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 26.07.2002–22.07.2022. Kreise stellen Konsensprognosen dar.

Unsere Analyse der Bewertungen zeigt, dass sich Aktien dem Marktwert nähern – das ist der stärkste 'Peak-to-Trough'-Marktrückgang seit Jahrzehnten: An unseren Modellen ist abzulesen, dass Aktien nahe der Mitte ihrer historischen Bewertungsspanne gehandelt werden (basierend auf verschiedenen Messgrössen wie KGV und Aktienrisikoprämie).

Anleihen bleiben trotz der jüngsten Rally relativ günstig. Mit das beste Wertpotenzial ist in den riskanteren Segmenten des Marktes zu finden, wie Schwellenländer- und Unternehmensanleihen.

Markttechnische Indikatoren deuten darauf hin, dass die Stimmung an allen massgeblichen Aktien- und Anleihemärkten mittlerweile neutral ist. Aktien sind jedoch sowohl in Bezug auf Markttrends als auch auf saisonale Faktoren (der Sommer ist traditionell eine problematische Zeit für Aktien) weiterhin negativen Bewertungen ausgesetzt.

02

Aktienregionen und -sektoren: USA und Europa rechnen mit Gewinnen

US- und europäische Aktien haben bislang ein schlimmes Jahr 2022 hinter sich, und für keinen der beiden Märkte erscheinen die Aussichten vielversprechend. Obwohl der S&P 500 Index im bisherigen Jahresverlauf um rund 15% eingebrochen ist, dürften sich die Geschäftsbedingungen für US-Unternehmen weiter verschlechtern, da die Fed alles dafür tut, die Inflation einzudämmen – auch wenn das bedeutet, die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen. Solche Risiken spiegeln sich nicht in den Prognosen der Analysten für die US-Gewinne wider.

Unter Berücksichtigung unserer eigenen Inflationsprognosen und (zuletzt nach unten korrigierten) Erwartungen für das BIP-Wachstum in den USA gehen wir davon aus, dass die Unternehmensgewinne die IBES-Konsensprognosen in diesem Jahr um rund 12 Prozent unterschreiten werden. Das würde sich im Jahresvergleich in einer unveränderten Gewinnlage niederschlagen – deutlich unter der langfristigen durchschnittlichen Wachstumsrate von 6%. Vor diesem Hintergrund bleiben wir in US-Aktien untergewichtet.

Gleiches gilt für europäische Aktien, die einen noch viel steinigeren Weg vor sich haben. Da die Energiepreise in der gesamten Region weiter steigen, während sich der Ukraine-Russland-Konflikt verschärft, wird der wirtschaftliche Schaden von Tag zu Tag grösser.

Die russischen Gaslieferungen in die EU liegen aktuell bei nur 20 Prozent der sonst üblichen Liefermenge, was die Aussicht auf eine wachstumsbremsende Energiekrise erhöht. Deutschland scheint in der zweiten Jahreshälfte besonders anfällig für eine Rezession – das Geschäftsklima ist dort im Keller. Sollte Russland die Gaslieferungen nach Europa einstellen, könnte sich das deutsche BIP nach Schätzungen des IWF in diesem Jahr um rund 1,5% und im nächsten Jahr um 2,7% verschlechtern. Es bestehen aber noch weitere Risiken für die europäischen Aktienmärkte. Eines davon ist der drohende Zusammenbruch der reformorientierten Regierung Italiens.

Der Rücktritt von Mario Draghi als Premierminister und die Wahrscheinlichkeit, dass nach den Parlamentswahlen im September eine rechtspopulistische Regierung das Ruder übernimmt, haben die Ängste vor einer Staatsschuldenkrise in Italien neu entfacht. Nicht zuletzt, weil Italiens überproportionaler Anteil am Covid-19-Wiederaufbaufonds der EU davon abhängig ist, dass das Land die von der scheidenden Draghi-Regierung eingeleiteten Strukturreformen umsetzt.

Das zweite, damit zusammenhängende Risiko ist, dass es der EZB schwerfällt, die Investoren davon zu überzeugen, dass sie zum einen Italien unter die Arme greifen kann, sollte dies nötig sein, zum anderen aber auch schnell dem Anstieg der Inflationsraten in der Eurozone Einhalt gebieten kann.

Abb. 3 – Faire Bewertung
ISM New Orders Index (3-Monats-Durchschnitt) und relative Performance von zyklischen vs. defensiven Werten (rechts)
Regionen und Sektoren August 22

Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 25.07.2002–25.07.2022. 

Ein Leuchtstreifen am globalen Aktienmarkt ist Japan. Die Volkswirtschaft hebt sich von den übrigen Industrieländern durch recht gesunde Wachstumsaussichten ab und schneidet in unserem Scoring positiv ab. Das Land ist auch weniger anfällig für Inflation. Die Schwäche des Yen ist für die Unternehmensgewinne in Japan förderlich, die nach unserer Einschätzung die Konsenserwartungen treffen dürften. Wir sind in japanischen Aktien übergewichtet.

Unsere Einschätzung, dass chinesische Aktien Erholungspotenzial haben, wurde kürzlich durch unsere Liquiditätskennzahlen bestätigt, die zeigen, dass der Kreditimpuls Chinas – der sowohl die Kosten als auch die Verfügbarkeit von Krediten für Unternehmen und Verbraucher misst – zum ersten Mal seit mehreren Monaten in positives Terrain vorgedrungen ist. Das dürfte in Verbindung mit den neuerlichen Bemühungen der Regierung, Infrastrukturinvestitionen zu erhöhen, die Aussichten für chinesische Aktien verbessern; wir bleiben hier übergewichtet.

Die positiven Trends, die sich in China abzeichnen – insbesondere diejenigen, die die Infrastrukturausgaben betreffen – sprechen für Grundstoffwerte, in denen wir übergewichtet bleiben. Gleichzeitig bleiben wir bei unserer Übergewichtung in Gesundheitswerten, die sich bei einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen gut entwickeln dürften. Da der globale Zyklus auf des Messers Schneide steht, erscheint die Bewertung konjunktursensibler Aktiensektoren gegenüber ihren defensiveren Pendants angemessen (siehe Abb. 3). Vorerst möchten wir unser Portfolio nicht zu stark in die eine oder die andere Richtung ausrichten; wir beobachten die Wachstumsprognosen in den kommenden Wochen sehr genau.


03

Anleihen und Währungen: Go for Gold

Das schwächere Wachstum und das Schreckgespenst der Rezession dürften gute Nachrichten für die Anleihemärkte sein. Aber nur, wenn die Inflation unter Kontrolle gehalten werden kann. Die USA scheinen diesem Ziel am nächsten zu sein, noch bevor die jüngste Zinserhöhung der Fed volle Wirkung zeigt. Die Preisdruckkomponenten der Umfragen verlieren an Bedeutung, die Lieferengpässe nehmen ab, die Frachtkosten haben sich normalisiert und niedrigere Öl- und damit Benzinpreise bedeuten eine stärkere Gesamtdesinflation. Dies untermauert unsere positive Haltung gegenüber US-Staatsanleihen.

Die Bewertungen für US-Staatsanleihen sind ebenfalls angemessen. Die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen entsprechen mit rund 2,8% unserer Schätzung des Marktwertes (basierend auf der von uns prognostizierten quantitativen Straffung im Volumen von insgesamt rund 1,5 Bio. US-Dollar bis 2023). Und da sich die Weltwirtschaft abkühlt, dürften auch Staatsanleihen von ihren defensiven Eigenschaften profitieren. 

Dagegen sind wir in Staatsanleihen der Eurozone untergewichtet, da die Inflationstrends im Währungsblock dort mehr Anlass zur Sorge geben.

In diesem Zusammenhang erscheinen die europäischen Renditen im Vergleich zu den US-Renditen besonders unattraktiv (vgl. Abb. 4).

Wir sind auch in europäischen Unternehmensanleihen untergewichtet – sowohl bei Investment-Grade- als auch bei Hochzinsanleihen. Die wirtschaftlichen Risiken tendieren deutlich nach unten. Das Vertrauen der Verbraucher liegt unter dem Niveau während des Covid-19-Schocks und sendet ein Rezessionssignal. Höhere Energiepreise und verschärfte Finanzierungsbedingungen werden zweifellos die Probleme für Unternehmensemittenten noch verstärken.

Abb. 4 – USA im Vorteil
USA & Eurozone, Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen, in %
Renten-Renditen

Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 27.07.2020–27.07.2022.

Bei Gold sehen wir vor dem Hintergrund der wachsenden geldpolitischen Unsicherheit und eines möglichen Höhepunkts der US-Realzinsen starkes Potenzial. Nach einer Korrektur von rund 20% erscheint es überverkauft und ist nach unseren Bewertungsmassstäben nicht mehr teuer.

Als zusätzliche Absicherung für den Fall einer drastischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen bleiben wir im Schweizer Franken übergewichtet. Wir sehen auch Wertpotenzial beim japanischen Yen, der gegenüber dem US-Dollar auf ein 24-Jahres-Tief gefallen ist. Eine solche Schwäche erscheint nicht gerechtfertigt, vor allem nicht, weil Japan eines der wenigen Länder mit einem positiven Makro-Score in unserem Modell ist.

04

Globale Märkte insgesamt: Risikofreude neu entfacht

Risikoanlagen erholten sich im Juli stark, nachdem sie seit Jahresbeginn schwere Verluste hinnehmen mussten. Die Investoren schätzten das Engagement der Zentralbanken, trotz der wirtschaftlichen Schwäche an ihrem Straffungskurs festzuhalten, neu ein. Globale Aktien legten im Berichtsmonat um 7,1% in Lokalwährung zu, für das Gesamtjahr 2022 sind sie bisher auf knapp unter 12% gesunken.

US-Aktien schnitten hier besonders gut ab: Der Markt zog im Berichtsmonat um 9,3% an, gefolgt von einem Anstieg um 7,3% bei Aktien aus der Eurozone, während andere grosse Märkte grösstenteils bei rund 4% lagen. Aus Sektorperspektive verzeichneten Energieaktien, trotz eines Rückgangs des Ölpreises um 4% im Berichtsmonat, solide Zuwächse. Die Top-Performer waren jedoch zyklische Konsumgüter und Technologiewerte, die im bisherigen Jahresverlauf mit die grössten Verluste erlitten hatten.

Abb. 5 – Euro-Flaute
EUR/USD-Wechselkurs
Globale Märkte insgesamt

Quelle: Refinitiv Datastream, Pictet Asset Management. Daten beziehen sich auf den Zeitraum 27.07.2020–27.07.2022.

Obwohl das Thema des Monats die Rückkehr zum Risiko war, konnten auch Anleihen ihren Abwärtstrend umkehren und Boden wiedergutmachen. Die Anlageklasse legte im Berichtsmonat um 2,1% in Lokalwährung zu – die Märkte in den USA, der Eurozone und der Schweiz verzeichneten Zuwächse von 3–4%. Die grössten Gewinner waren bei den Unternehmensanleihen zu finden: Europäische und US-Hochzinsanleihen – sie stiegen um 5% bzw. 6%. 

Anleihen und Aktien aus Schwellenländern blieben hinter den Erwartungen zurück, da sich der Fokus der Investoren auf Sorgen über ein schwächeres globales Wachstum und die Unsicherheit am chinesischen Immobilienmarkt verlagerte.

Die Stärke des US-Dollars kehrte sich in der Mitte des vergangenen Monats um, als der Markt den Höhepunkt der aggressiven Geldpolitik der Fed einpreiste. Gegenüber einem Korb von Währungen legte er aber immer noch 1,2% zu. Dem japanischen Yen gelang es, Boden wiedergutzumachen; die Währung legte gegenüber dem US-Dollar um 1,9% zu, während der Euro schwach blieb (siehe Abb. 5). Gold fiel um 2,4% und verzeichnete damit einen Verlust von 3% im Gesamtjahr.

05

Kurzüberblick

Barometer August 2022

Asset-Allocation

Bei globalen Aktien bleiben wir vorsichtig, weil wir uns Sorgen über das Gewinnwachstum machen. Wir sind in Cash übergewichtet und in Anleihen neutral gewichtet.

Aktienregionen und -sektoren

Zu unseren Favoriten im Aktiensegment gehören Grundstoffe und Gesundheit.

Anleihen und Währungen

Wir ziehen US-Staatsanleihen aufgrund der besseren Inflationsentwicklung europäischen Staatsanleihen vor.